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„Precious Metal“ eine Geschichte, wie sie nur die Fliegerei schreiben kann

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Einleitung

„Es war ein mal“ , so beginnen Märchen und Sagen mit oftmals dramatischen Inhalten, heldenhaften Protagonisten und eher unglaublichen Geschehnissen. Grundlage solch überlieferter Sagen sind nicht selten von wahrem Kern und werden über die Jahrzehnte hinweg verwässert, verschönert, dramatisiert und avancieren dann im Laufe der Zeit zu spannenden Legenden.  Wir möchten an dieser Stelle der Legendenbildung vorbeugen und zeitnah von einer für Fliegerherzen und Modellbauer sehr spannenden Geschichte berichten. Zeitnah, der ganzen Wahrheit entsprechend und aktuell, von Enthusiasmus und Dramaturgie geprägt, eine unverstellte Begebenheit, die hoffentlich  für den einen oder anderen Hauptdarsteller mit „Happy End“ schließen wird.
„Precious Metal“, diese Geschichte hat viele Etappen. Der Spannungsbogen entsteht auf natürlich Art und Weise. Eine besondere Story besteht aus mehreren Kapiteln. Somit berichten wir auch in chronologisch aufgebauten Kapiteln, was vor gar nicht allzu langer Zeit in der Welt des Fliegens geschah. Ihr könnt Euch also nach jedem abgeschlossenen Kapitel bereits mit Spannung auf das folgende freuen. Unser Hauptdarsteller „Hannes Lutzenberger“ hat seine Erlebnisse, Erfahrungen und Eindrücke wunderbar aufbereitet und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Zu Beginn einer jeden Veröffentlichung stellen wir immer kurz die agierenden Hauptdarsteller vor. Viele berühmte Persönlichkeiten, Flugzeuge und „Maschinen“ der manntragenden und modellbauerischen Fliegerei prägen und begleiten  „Precious Metal“. Eine wahre kleine Fliegergeschichte für Modellbauenthusiasten, die ganz normal beginnt, dann aber mit Dramaturgie, Hoffnung und Freude, Rückschlägen und Erfolgen hollywoodreif besser nicht erfunden werden könnte.

 

Kapitel 1: „Precious Metal“

Es war einmal ein Modellbauer mit einer völlig normalen Idee. Ein echtes Flugzeug hat mit seiner Erscheinung und Konstruktion das Interesse dieses  Modellbauers geweckt. Das Original hat es ihm angetan und sollte als Modell in kleinerem Maßstab nachgebaut und ebenso spektakulär durch die Luft bewegt werden wie das manntragende Vorbild. Damit wären wir auch schon bei den ersten beiden Hauptdarstellern von „Precious Metal“. Diese sind einerseits der  Modellbauer „Hannes Lutzenberger“, seines Zeichen begnadeter Modellbauer und Pilot und andererseits  sein ins Auge gefasstes original Flugzeug, eine „P51 Mustang Precious Metal“. Bis hierhin eine ganz normale Modellbaugeschichte. Ein Modellbauer lässt sich von einem Original inspirieren und möchte dieses in verkleinertem Maßstab erschaffen und sein eigen nennen. Wer Hannes Lutzenberger kennt weiß, dass es sich bei der „P51 Mustang Precious Metal“ um ein besonderes Flugzeug handeln muss, das nicht auf jedem Modellflugplatz anzufinden ist. Hannes liebt das Besondere. Ebenso die Herausforderung etwas Vorbildgetreues zu bauen und erfolgreich in die Luft und wieder auf den Boden zurück zu bringen.

Die „Precious Metal“ ist eine zum Rennflugzeug umgebaute P51 Mustang. Besser gesagt eine extrem modifizierten P51 Mustang. Die P51 war ursprünglich ein Jagdflugzeug aus dem zweiten Weltkrieg. Für das bekannte Luftrennen manntragender Flugzeuge in RENO AIR RACE in den USA baute der Pilot  „Thom Richard“ eine P51 zu einer reinrassigen Rennmaschine um. Womit wir bei der 3. Hauptrolle in unserer Geschichte wären. Thom Richards ist ein bekannter, hochdotierter Konstrukteur und  Luftrennenpilot echter Flugzeuge. Thom beschrieb die Eigenschaften seiner Schaffung „Precious Metal“  in einem Gespräch mit folgenden Worten.

„Schnell und anspruchsvoll –Dieser Flieger ist weder schön zu fliegen noch billig im Unterhalt, „vergleichbar mit meiner EX Frau“

Allein seine Beschreibung des Flugzeuges  lässt schon auf eine spektakuläre Konstruktion der P51 Mustang  schließen. Und dies ist sie auch. Verkürzte Tragflächen, eine verkleinerte Kabinenverglasung und der Umbau auf einen 3200PS starken Rolls Royce V12 Motors sind die Markenzeichen der Rennmaschine. Eine P51 Mustang aus der Kriegsproduktion hatte im Vergleich 1600PS. Die Maschine ist ein kompromissloses Rennflugzeug, einen anderen Verwendungszweck gibt es nicht. Manntragend wurden nur drei Mustangs auf den leistungsstarken Rolls Royce „Griffon“ Motor umgebaut, zwei Maschinen sind bei Abstürzen auf Grund technischer Probleme leider zerstört worden. „Precious Metal“ ist somit die weltweit einzige P51 mit diesem seltenen Triebwerk und den zwei gegenläufigen Propellern.

Thom Richards, Hannes Lutzenberger, Precious Metal
Die drei Hauptdarsteller: Thom Richard (links) und Hannes Lutzenberger (rechts). Erfolgreiche Konstrukteure und Piloten zweier Flugzeuge der gleichen Erscheinung aber unterschiedlicher Größen. Im Hintergrund die imposante „P51 Mustang Precious Metal“

Als begeisterter Modellpilot war Hannes Lutzenberger im Jahr 2012 nach RENO in die USA gereist um dem wohl bekanntesten Flugzeugrennen als begeisterter Zuschauer beizuwohnen.  Lange vor den Red Bull Air Races war RENO der Spot, an dem sich die schnellsten und spektakulärsten Rennflugzeuge  mit ihren wagemutigen Piloten einfanden, um den König der Lüfte zu küren. Hannes Lutzenberger beschreibt sehr stimmungsvoll die Eindrücke seines Besuches in Reno. Ebenso darüber was und wer ihn letztendlich inspirierten, ein besonderes, äußerst spektakuläres Modell nachzubauen.

„Wenn mich heute Zuschauer am Modellflugplatz auf die kleine „Precious Metal“ ansprechen, dann ist die häufigste gestellte Frage, wie man(n) denn auf die Idee kommt ein so seltenes Flugzeug  nachzubauen. Diese Geschichte ist einfach erklärt.
Begonnen hat für mich alles bei der ersten Begegnung mit der Originalmaschine, bei den berühmten Flugzeugrennen in RENO/USA im Jahre 2012. Der Flugplatz von RENO liegt abgelegen in der Wüste von Nevada, jährlich im September treffen sich dort Piloten aus der ganzen Welt um mit ihren Maschinen gegeneinander anzutreten. Geflogen wird nicht wie beim Red Bull Air Race einzeln und gegen die Uhr. In RENO sind 10 Maschinen gleichzeitig in der Luft, die in 15m Höhe und mit Spitzengeschwindigkeiten von 800km/h um einen mit Pylons abgesteckten Kurs herum jagen. Die Regeln sind schnell erklärt, denn es gibt nicht viele. Dort fliegt man tief, schnell und links herum… Wichtig ist nicht die schnellste Zeit, sondern wer nach 8 Runden als erstes die Ziellinie überfliegt. Die Maschinen sind überzüchtet und extrem teuer im Unterhalt. Die hochgezüchteten Rennmotoren sind sehr anfällig und Auslaufzonen wie beim Autorennen gibt es nicht.

Im Rennen 2014 hatte Pilot Thom Richard alle Schutzengel im Einsatz, als der Motor seiner „Precious Metal“ auf Höhe Pylon 3 wegen abreißender Kraftstoffversorgung plötzlich abstellte. Zeit nachzudenken oder im Handbuch für Notfälle nachzulesen gibt es nicht. Er zog die Mustang blitzschnell in einer 5G Kurve nach oben weg, fuhr das Fahrwerk aus und landete die P51 einige Sekunden später im Segelflug ohne Antrieb. Er meinte im Nachhinein: „Wird ganz schön still da oben wenn der V12 schlagartig aufhört zu brüllen…“

Video Thom Richard

In RENO ist dein erster Fehler auch dein letzter, deswegen fliegen dort nur Profis und Berufspiloten mit vielen tausend Flugstunden im Logbuch. Zum Beispiel Pilot Rob „Hoot“ Gibson, er war Astronaut bei der NASA, 36 Tage im All und flog das Spaceshuttle zurück zur Erde. Die Atmosphäre und die Spannung die während der Races in der Luft liegt ist mit Worten nicht zu beschreiben. Schwer nachzuvollziehen für Außenstehende, das muss man(n) live vor Ort erlebt haben. Die Fans reisen aus der ganzen Welt an und die meisten verbringen eine ganze Woche am Flugfeld. In den ersten Tagen werden die Rennmaschinen startklar gemacht und die Qualifikationsflüge durchgeführt. In der Boxengasse hilft jeder jedem, nur um alle Maschinen fürs Rennen gleichzeitig in die Luft zu bekommen. Das Rennen selbst erfolgt mit einem fliegenden Start. Die Flugzeuge sammeln sich in der Luft und fliegen in Formation in den Rennkurs ein. Die Fans fangen an zu applaudieren, das Rennen ist gestartet und die Triebwerke werden an die Leistungsgrenze getrieben. Nach einer halben Runde verschwinden die Maschinen aus dem Blickwinkel der Zuschauer und tauchen ins „Valley Of Speed“ ab, das „Tal der Geschwindigkeit“. Auf der Tribüne wird es nun ganz still, Flugzeuge sind keine mehr zu sehen – vorhanden ist nur die Geräuschkulisse die einem die Nackenhaare aufstellt. Der Sound der vielen tausenden PS der dort durch die Wüste hallt ist unbeschreiblich. Gespannt warten die Zuseher, nach einigen Sekunden fängt die komplette Zuschauertribüne an zu vibrieren, nun weiß man die UNLIMITED Racer sind im Anflug auf die Zielgerade! Zu sehen ist noch nichts, aber man hört sie kommen. Kurze Zeit später tauchen aus dem Tal die  Rennmaschinen auf, der Kommentator zählt kurz durch, 8 Punkte = 8 Flugzeuge, kein Rauch, keine Madyday – perfekt – alle sind noch im Rennen. Die Fans fangen an zu toben, während im gleichen Moment die Racer unter dem tosenden Beifall der Zuschauer mit wenigen Metern Abstand an einem vorbei donnern! Spätestens jetzt ist auch der letzte Zuschauer auf den Beinen und dem Air Race Fieber von RENO verfallen. Ich persönlich hab noch nie etwas „geileres“ erlebt… WAHNSINN! Emotion pur!

2012 qualifizierte sich „Precious Metal“ mit einer Geschwindigkeit von 463mph, das entspricht 745km/h. Thom Richard flog das Rennen seines Lebens, nie war die Maschine schöner und schneller unterwegs wie in diesem Jahr. Leider verlor sie im Hauptrennen am Sonntag eine Fahrwerkverkleidung und schied aus dem Rennen aus. Das Rennen war verloren, aber ein unvergesslicher Eindruck der Maschine für mich gewonnen. Die Kombination aus den zwei gegenläufigen Propellern und dem auf Hochglanz polierten Blech hat mich schwer beeindruckt. Somit war die Idee geboren dieses Flugzeug als Modell nachzubauen.

Wieder zurück in Deutschland machte ich mich auf die Suche nach Herstellern die passende Artikel im Sortiment hatten, um mir mein Modellflugzeug aufbauen zu können. Schnell wurde klar das der Teilemarkt nicht viel hergab, überraschenderweise stellte sich aber heraus, dass es unter den Modellbauern viele Race Fans gab. So wurde aus meiner einzelnen Idee innerhalb kurzer Zeit ein Gemeinschaftsprojekt und die Facebook Gruppe „RENO Air Race – project 22%“ gegründet.

Innerhalb weniger Monate wuchs die Gemeinschaft auf über 1900 Follower und auch Mechaniker von „Precious Metal“ drückten auf „I like“. So wurde Thom Richard auf uns aufmerksam und der Kontakt zur Originalmaschine war hergestellt. Er war schwer begeistert von der Idee das „sein“ Flugzeug als Modell nachgebaut wird. Nach einigen e-mails erfolgte eine Einladung nach Kissimmee/Florida, die Heimatbasis der Maschine. Gelegenheiten wie diese lässt man sich natürlich nicht entgehen, so flogen meine Frau und ich im Oktober 2014 in die USA um ihn zu besuchen. Was uns dort erwartet hat zaubert mir heute noch ein breites Grinsen ins Gesicht. Selten haben wir solch liebenswerte und nette Menschen kennen lernen dürfen. Thom, seine Freundin Mac und einige Mechaniker waren vor Ort und begrüßten uns herzlich. Wir hatten stundenlang freien Zugang zur Maschine, konnten Messen, Fotografieren und alle Fragen stellen die uns auf dem Herzen lagen. Den Moment als ich ins Cockpit von „Precious Metal“ kletterte werde ich mein Leben lang nicht mehr vergessen. Wann bekommt man denn schon mal die Möglichkeit in einem echten UNLIMITED Racer Platz nehmen zu dürfen?
Cockpit P51 Mustang Precious Metal

Mit vielen Fotos auf der Kamera, einer signierten Pilotenpuppe im Gepäck und überwältigt von all den gesammelten Eindrücken ging es anschließend zurück nach Deutschland.“

v.l.n.r.: Thom Richards mit Freundin Mac, Sarah und Hannes Lutzenberger

 

Biografie der Originalmaschine „Precious Metal“
Precious Metal Reno Air Race

Insgesamt gab es 3x P51 Mustang mit dem gegenläufigen Antriebssystem, das ursprünglich aus einem 4 motorigen Avro Shackleton Seeaufklärer stammt. Die erste P51 mit diesem Motor, die „Red Baron“ erzielte 1979 einen Geschwindigkeitsrekord für kolbengetriebene Flugzeuge mit einer Spitzengeschwindigkeit von 499mph bzw. 803km/h. Wenige Monate nach ihrem Rekordflug wurde die Maschine durch einen Motorabsteller mit anschließender Außenlandung bei den Air Races in Reno 1979 völlig zerstört, Pilot Steve Hinton überlebte schwer verletzt.

Nummer zwei war „Miss Ashley II“ – Auch diese P51 wurde mit dem großen Griffon Motor ausgestatten, bekam den Hauptflügel eines Lear Jets, das Höhenleitwerk einer F86 Sabre und das Seitenleitwerk einer P51 „H“. Leider hat die Maschine im Samstag Race in Reno 1999 das komplette Höhenleitwerk verloren und stürzte ab, Besitzer & Pilot Gary Levitz hat diesen Unfall nicht überlebt.

Bis heute erhalten ist nur „Precious Metal“ Kennung N6WJ. Dieses spezielle Flugzeug hat auch eine spezielle Geschichte, Thom Richards Flugzeug ist nicht die erste P51 die den Namen „Precious Metal“ trägt.  Die originale Maschine hatte einen normalen V12 MERLIN Motor, das Leitwerk der Version „H“ und trug die Kennung N5483V. Besitzer und Pilot war Gary Levitz aus Scottsdale/Arizona. Er flog damit beim Air Race 1975 – Rennnummer 81.
1976 wurde die Maschine dann an Rennfahrer und Le Mans Sieger Don Whittington nach Fort Lauderdale / Florida verkauf.  Er nahm noch im gleichen Jahr in RENO beim Air Race teil, mit der neuen Rennnummer 9. Erst flog er die schnellste Qualifying Runde von den Jungs, anschließend flog den Jungs der Motor um die Ohren.

1988 wurde die Mustang von Don und seinem Bruder von Grund auf neu aufgebaut. Neuer Rumpf, neue Flügel und der Umbau auf Griffon Motor mit den gegenläufigen Propellern. Nur noch das Leitwerk der N5483V wurde wieder verwendet. Nach nur 9 Monaten war der Umbau abgeschlossen und als der Flieger in RENO auftauchte, hatte er gerade mal 10 Stunden auf der Uhr stehen. Don flog eine perfekte Quali Runde mit erstaunlichen 453mph / 729km/h, leider fiel die Propellerblattverstellung im Gold Race am Sonntag aus und Don musste die Mustang auf einem Salzsee auf dem Bauch notlanden.  „Precious Metal“ wurde sehr stark beschädigt, Don blieb glücklicherweise unverletzt.
Zuhause in Florida angekommen wurde der Flieger wieder repariert, das gesamt Leitwerk abgeschnitten und gegen ein Serienteil einer Version „D“ ersetzt. Da nun keine Teile mehr der ursprünglichen Mustang N5483V mehr verwendet wurden, musst die Maschine neu zugelassen werden. Sie bekam die neue Kennung „N6WJ“ und Rennnummer „38“,  die sie bis heute trägt.

1995 flog Don bei den Reno Air Races und kam im „Gold Race“ auf den 6. Platz. Es war das einzige Mal dass er „N6WJ“ in RENO flog.

Als 1999 Gary Levitz, der Verkäufer von „Precious Metal“, beim Absturz seiner „Miss Ashley II“ in RENO ums Leben kam war es auch für Don vorbei. Er und Gary waren enge Freunde und flogen viele Jahre zusammen bei den Races, Don entschied auf Grund des Todes von Levitz mit der Rennfliegerei aufzuhören.

Im Jahre 2000 wurde die Mustang an Ron Buccarellli / Florida verkauft. Er flog „Precious Metal“ jahrelang in RENO beim Air Race bevor er sich 2007 zurückzog. Die Mustang verschwand daraufhin in einem Hangar in Florida und wurde nicht mehr gesichtet.

2011 erfolgte dann der Verkauf an Thom Richard…

 

 

Biografie von Thom Richard
Thom Richard
Thom Richard mit Freundin Mac

Thom Richard
ist geboren und aufgewachsen in Schweden. Als Kind bekommt er eine Zeitung in die Finger in der über den Geschwindigkeitsrekordflug von Steve Hinton mit seiner P51 Mustang „Red Baron“ und den RENO Air Races berichtet wurde. Gefesselt von diesem Gedanken setzte er alles daran eine Pilotenlizens zu erlangen und eines Tages bei den „großen“ Jungs in RENO mitfliegen zu können. Da Schweden nicht wirklich der „hot spot“ der Fliegerei ist macht sich der 17 jährige Thom 1989 in die USA auf, mit 2500.- Dollar in der Tasche und dem Traum vom Fliegen! Es folgten schwierige Jahre in denen das wenige Geld mehr in Flugstunden investiert wurde, anstatt zum Beispiel die Wohnungsmiete zu bezahlen. So ist es schon mal vorgekommen dass einfach im Hangar übernachtet wurde. Doch er biss sich durch, stets mit seinem Ziel vor Augen – RENO Air Race! Sein Durchhaltevermögen und die viele Arbeit zahlten sich aus, so konnte er 1998 eine Mechaniker-, Flug-, und Ausbilderlizenz vorweisen! Kurze Zeit später kaufte er sich zusammen mit einem Freund eine T6 Texan. Die beiden flogen damit durch die USA und boten Rund- und Ausbildungsflüge für Touristen und Piloten an.

2007  ergab sich die Möglichkeit zum Kauf eines Hangars am Flugplatz in Kissimmee in der Nähe von Orlando/Florida. Das war der Startschuss, Thom gründete sein eigenes Unternehmen: www.warbirdadventures.com

Inzwischen hat er drei T6, ein kleines Flugzeugmuseum und über 4000 Flugstunden allein auf diesem Flugzeugtyp im Logbuch stehen. 2008 erfolgte dann er Einstieg in die Rennfliegerei in RENO. Er kaufte eine Cassutt genannt „Miss USA“ und flog auf Platz 1 in der Formel 1 Klasse. Mit „Invictus“ gewann er anschließend in einem parallelen Rennen Gold und seine erste BREITLING Armbanduhr!

2010 wurde mit einer TS-11 Iskra genannt „Pole Dancer“ in der Jet Klasse mitgeflogen um noch mehr Erfahrung zu sammeln. Das eigentlich Ziel, die „UNLIMITED“ Racer aber immer im Hinterkopf.

Thom wusste von „Precious Metal“, da sie nur ein paar Meilen entfernt in einem Hangar stand. Es folgte die Kontaktaufnahme mit Besitzer Ron Buccarelli. Der, eigentlich gar nicht verkaufen wollte und wenn, dann nur in gute Hände. Schnell wurde klar das Thom Richard der perfekte neue Besitzer der Maschine ist. Selten jemand zu finden, der menschlich und technisch besser in der Lage ist solch ein Projekt zu stemmen! So wurde ein Preis verhandelt, Thom kratze alle Reserven zusammen und kaufte 2011 seinen „UNLIMITED“ Racer „Precious Metal“! Nächstes Problem war, die Mustang stand nun seit 4 Jahren unbewegt & eingestaubt in einem Hangar. Thom reiste mit seiner ganzen Mechaniker-Crew an und es folgte ein tagelanger Arbeitsmarathon um die Maschine wieder in den flugfähigen Zustand zu versetzen, sie sicher nach Kissimmee in ihr neues Zuhause sicher überstellen zu können. Ausgerechnet am Tag des Überführungsfluges fehlte Ex-Besitzer Ron Buccarelli und Thom war ganz auf sich allein gestellt. Für Racer gibt es kein Handbuch, keine Bedienungsanleitung. Thom verließ sich einfach auf seine Erfahrung und wagte den ersten Start, der fast sein letzter gewesen wäre…
Der Motor sprang wie bei den Testläufen zuvor zuverlässig an und alle Systeme schienen in Ordnung zu sein. Da die großen Rennmotoren immer ein Kühlungsproblem haben rollte er zügig in die Startposition und bereitete sich auf den Abflug vor. Der Wind passt, Bahn ist frei, Motor ist warm – jetzt oder nie! Thom rollte an und versuchte möglichst schnell Fahrt aufzunehmen, leider beschleunigte die Diva nicht so zügig wie gewünscht und als dann die 1/2 Barke der Startbahn an Thom vorbeisauste und die Geschwindigkeit nicht mehr wirklich zunahm blieb ihm und dem Team am Platzende zum ersten mal das Herz stehen. Die Motordrehzahl war hoch, die Geschwindigkeit nicht…  Startabbruch war nicht mehr möglich, also hob er ganz flach ab, zog das Fahrwerk ein und suchte parallel dazu fieberhaft nach einer Lösung des Problems.  Thom spielte mit der Gemisch- und der Blattverstellung als der V12 plötzlich die volle Leistung entfaltete und „Precious Metal“ endlich auf Reisegeschwindigkeit beschleunigte. Wie sich im Nachhinein herausstellte waren die Hebel der Propeller- und Gemischverstellung vertauscht angebracht worden!
Zusammen mit dem Begleitflugzeug, einer Comanche machten sich die Jungs auf zum Heimatflughafen nach Kissimmee. Dort wurde die glänzende Schönheit schon von Thoms Freunden erwartet und es folgte eine große Willkommensfeier des neuen Familienmitgliedes.

In den nächsten Monaten wurde die Mustang anschließend komplett überholt und umlackiert. Der Motor wurde ausgebaut, die Nockenwellen erneuert, die Köpfe neu abgedichtet und alle Systeme überholt. Wichtigste Veränderung war die Installation einer elektrischen Hydraulikpumpe, um im Falle eines Motorschadens die Propellerblätter im Flug in Segelstellung bringen zu können. Das verringert den Luftwiederstand im Segelflug enorm und erhöht die Chancen auf eine sichere Notlandung. Die „Red Baron“ hatte dieses System 1979 nicht, Steve Hinton erzählte nach seinem Absturz die 6 stehenden Propellerblätter bremsten als würde man ein Auto mit offenen Türen fahren. Diese Nachrüstung rettete Thom Richard 2014 das Leben, als der Motor von „Precious Metal“ im Flug abstellte und er dennoch im Segelflug sicher landen konnte. Die Crew änderte an diesem Tag die Beschriftung des Schalters von “ feather propeller“ auf „life insurance“, was übersetzt heißt „Lebensversicherung“! Mir bleibt heute noch das Herz stehen wenn ich das Video dazu sehe…

Viele Monate später und wenige Tage vor RENO 2011 war „Precious Metal“ startklar für den ersten richtigen Flug. Schon beim ersten Testflug war klar, die vielen 18 Stunden Tage hatten sich gelohnt, denn der Racer hatte sich in das feuerspeiende Monster verwandelt von dem die ganze Crew um Thom Richard träumte! Alles Systeme funktionierten perfekt, dennoch wurde der Überführungsflug nach RENO zum Alptraum.
Geplant waren zwei Tage, geworden sind es sieben! Geplagt von drei Notlandungen wegen fehlendem Öldruck, losen Bolzen und einer eingeschliffenen Nockenwelle schaffte es die Diva doch noch irgendwie nach RENO. Das ist aber nur der unglaublichen Hilfe von einer Gruppe aus Mechanikern und Fans zu verdanken, die informiert über Facebook, wussten wo die Maschine steht und welche Ersatzteile benötigt wurden. Am darauffolgenden Tag donnerte „Precious Metal“ schließlich eine Qualifying Runde in die Wüste von Nevada und war somit offiziell fürs UNLIMITED Race in RENO registriert! Die Crew war glücklich, die Fans tobten und Thom war im Race! Nun waren die schlaflosen Nächte der letzten Tage vergessen und alles erschien gut. Leider stürzte am nächsten Tag Jimmy Leeward mit seiner P51 „Galloping Ghost“ ab und die Races 2011 wurden abgesagt. Somit alles auf Anfang und es folgte die Vorbereitung auf die Races 2012. „Precious Metal“ bekam einen neuen Propeller, ein paar Sponsoren mehr und Madame war schöner und schneller als je zuvor! Thom qualifizierte sich mit einer Geschwindigkeit von 463mph / 745km/h, leider verlor er im Sunday Gold Race die rechte Fahrwerkstüre und schied aus.

Für 2013 waren große Veränderungen geplant. Kabinenhaube, Randbögen, Lackierung,… alles neu – das Flugzeug war nicht wieder zu erkennen! Parallel dazu wurde ein spezieller Rennmotor aufgebaut. Auf Grund einer verspäteten Ersatzteillieferung aus England war das Aggregat erst Dienstag vor dem Rennen einsatzbereit. Der erste Testlauf erfolgte noch in der gleichen Nacht. Der Motor lief exakt sieben Minuten, bevor er mit einem lauten mechanischen Geräusch abstellte und anschließend klemmte. Das Team hatte die letzten drei Wochen Tag und Nacht an dem Antrieb gearbeitet. Die Stimmung aller Beteiligten war, vorsichtig ausgedrückt, am Boden. Wir sprechen hier von einer Millionen Dollar teuren Rennmaschine mit Motorschaden, eine Woche vor den Races. Doch das hält die Crew von PM nicht auf, wenige Stunden später war der defekte Motor ausgebaut und wurde zerlegt. Schnell wurde klar dass der Motorblock nicht mehr zu gebrauchen war. Das komplette Team wurde zusammengetrommelt und es folgte ein Arbeitsmarathon der seines gleichen sucht. Der Werkstattboden sah aus wie ein Schlachtfeld, überall lagen Ersatzteile herum und die Crew arbeitete in zwei Schichten mit zehn Personen rund um die Uhr. Wie die Jungs es letztendlich geschafft haben ist bis heute unerklärlich, aber 48h später gab der neu aufgebaute Rolls Royce die ersten Lebenszeichen von sich! Am am nächsten Morgen, als die Maschine endlich startklar war, zog leider eine große Nebelbank über dem Flugplatz in Kissimmee auf.  Nebel gibt es in Florida eigentlich nicht und schon gar nicht zu dieser Jahreszeit. Bis Nachmittags um drei war der komplette Flugplatz gesperrt und es konnte nicht geflogen werden. Als sich die Nebelbank gegen Abend verzogen hatte konnte endlich gestartet werden. Tragischerweise wäre Precious Metal beim ersten Testflug fast zerstört worden, weil die Lichtmaschine nicht genug Strom produzierte um die Bordspannung ausreichend am Leben zu halten. Aber auch dieses Problem konnte behoben werden und so machte sich Thom Samstag Früh auf, Precious Metal nach RENO zu den Air Races zu überstellen. Wir sprechen hier von einem 2500 Meilen Trip in einem hochgezüchteten Rennflugzeug das permanent geflogen & überwacht werden muss.  In Dallas wurde er das erste mal zur Landung gezwungen auf Grund einer Ölundichtheit. Nachdem er die ganze Nacht mit der Reparatur beschäftigt war flog er am Morgen weiter Richtung Westen, Ziel war Phoenix. Gekommen ist er bis New Mexico, dann war das Benzin aus. Er landete in Douglas, auf einem kleinen Flugplatz. Leider war dort niemand anzutreffen. Er suchte sich im offenen Hangar eine Handbenzinpumpe und tanke die Mustang wieder auf. Problem war, es zog ein Sturm auf und er musste schnellst möglich den Flugplatz wieder verlassen. Mit der schwarzen Gewitterfront im Nacken pumpte Thom von Hand mit Leibeskräften möglichst viel Kraftstoff in den Flieger.  Wie viel Sprit er genau aufnehmen konnte weiss er bis heute nicht. Als er zur Startbahn rollte um wieder abzufliegen war die riesige schwarze Unwetterwand bereits am Flugplatz angekommen. Er hob ab und  als er im Querabflug auf den Flugplatz zurückblickte war der Platz schon im Unwetter verschwunden, so knapp war das Ganze.

Über Funk erfuhr Thom das der Yosemite National Park, der überflogen werden musste, in Flammen steht weil dort ein Blitz eingeschlagen hatte. Tragischerweise musste er dort durch, weil ihm sonst die Zeit davonlaufen würde um vor Meldeschluss mit der Maschine in RENO anzukommen. So entschied er sich trotz der Warnung den Sturm und die Rauchschwaden zu durchfliegen. Er wurde durchgeschüttelt wie ein Ping Pong Ball und dieser Überflug forderte ihm und der Maschine alles ab, aber er kämpfte sich durch! 19 Minuten vor Meldeschluss setzte Thom das Hauptfahrwerk von Precious Metal in RENO auf die Bahn auf und war somit vor Meldeschluss vor Ort. Wer Thom kennt, der weiss er ist kein arg emotionaler Mensch, aber man hörte über Funk als er um die Landeerlaubnis gebeten hat wie erleichtert er war es geschafft zu haben.

Dank Facebook war das Publikum in RENO über seinen Höllenritt bereits informiert und wussten das Thom im Anflug war. Als die Mustang am Horizont auftauchte machte sich der ganze Flugplatz auf die Beine und die Menschen liefen ihm auf dem Taxiway entgegen um ihn willkommen zu heißen. Körperlich & geistig total am Ende und ohne mitzubekommen was um ihn herum vor sich ging rollte er die P51 in die Parkposition und stellt das Triebwerk ab. Die Crew öffnete von außen die Kanzel und zog den halb toten Thom, unter Beifall aller Zuseher, aus dem Cockpit heraus und feierten ihn als hätte er gerade das Gold Race gewonnen! Gänsehautmomente wie diese vergisst man sein Leben lang nicht! Was für eine unglaubliche Begrüßung nach all dem Unheil der vergangenen Tage – Welcome to RENO!

Am 15. Sept. 2013 konnte Thom „Precious Metal“ mit dem Standardtriebwerk am Sonntag im Gold Race einen guten 5.Platz erfliegen.

Für 2014 baute die Crew ein neuen Motor auf, der Rest vom Flugzeug blieb unverändert. Leider konnte sich „Precious Metal“ wegen eines defekten Vergasers nicht qualifizieren und musste im Bronze Race als letzter starten. Der Gewinner dieses Rennens darf dann als letzter im Silver Race antreten und so kann man sich bis zum Gold Race auch ohne vorherige Qualifizierung hocharbeiten. Thom gewann Bronze und Silver und startete somit im Gold Race. Er trieb Precious Metal am Sonntag an ihre Leistungsgrenze, er flog sie tiefer und schneller als jemals zuvor. Menschen und Maschine hielten bis zum Schluss durch und wurden mit einem dritten Platz im Sunday Gold Race belohnt! Das war die beste Plazierung die jemals mit diesem Flugzeug in RENO erflogen wurde. Ein super Erflog für das ganze Team und eine Entschädigung für die ganze harte Arbeit der vergangenen Wochen. Leider wurde „Precious Metal“ im Nachhinein disqualifiziert, weil Thom angeblich den Flugsektor im Rennen kurz verlassen hätte, ein Beweis dazu wurde aber leider nie erbracht. Mit einem verlorenen dritten Platz und fehlendem Preisgeld machte sich das Team auf den Weg nach Hause. Im Hinterkopf bei den Races 2015 wieder dabei zu sein…

 

Lesen sie in Kürze. Kapitel 2
Der Bau der kleinen „Precious Metal“
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